SPOBIS: „Habe Kahn nie gehasst, aber auch nicht geliebt“

Tolle Einblicke lieferten uns Jens Lehmann und Michael Makus  (NRW-Sportchef, BILD-Zeitung) bei der Podiumsdiskussion im Rahmen des SPOBIS am 30. Januar 2020.

Zum Thema „Feindschaft plus – Wie Rivalität im Sport richtig vermarktet werden kann“ gaben Prof. Dr. Sebastian Uhrich und Dr. Johannes Berendt zunächst einen Überblick zu ihren Forschungsergebnissen. Vom von Fans bevorzugten Tabellenplatz des Erzrivalen, über die genaue Bedeutung von Rivalität im Sport, bis hin zu der richtigen Vereinskommunikation über die Spiele gegen den Erzrivalen, zeigten sie, dass Forschung kurzweilig und unterhaltsam vermittelt werden kann – und vor allem der Praxis helfen kann.

Im Anschluss unterstrichen Jens Lehmann und Michael Makus, welche Relevanz Rivalität im Sport hat und welche Herausforderungen – auch als Spieler – damit verbunden sind.

Lehmann bestätigte die von der Wissenschaft unterstellten positiven Effekte auf Motivation und Leistung. „Die Rivalität mit Oliver Kahn war für mich sehr gut“, sagte der 50-Jährige. Sie habe ihn stark gemacht. Nach einem jahrelangen Wettstreit löste Lehmann seinen Erzrivalen passend zur WM 2006 als Stammtorwart in der Nationalmannschaft ab. Trotzdem wäre es fast ganz anders gekommen. Ein Jahr vor der WM spielte Lehmann bei der Eröffnung der Allianz Arena in München gegen Kahn. „Bei jedem Ball, der zu mir kam, wurde ich ausgepfiffen, beleidigt und beschimpft. Das war das größte Ausmaß der Rivalität, das ich erlebt habe.“ Sogar an einen Rücktritt aus dem DFB-Team habe er nach dem Spiel gedacht. „Zum Glück habe ich es mir anders überlegt.“

Am Ende waren es Erfahrung und Perfektion, die ihm geholfen haben, das Duell für sich zu entscheiden. „Ich war erfahrener im Umgang mit Rivalität“, so Lehmann. „Ich bin damit groß geworden, weil ich im Verein nie gehört habe, dass ich gesetzt bin. Das war mein Vorteil. Es ist besser, einen Rivalen zu haben, als ignoriert zu werden.“

Zu einer ähnlichen Erkenntnis kommen Uhrich und Berendt in Bezug auf Fußballfans. „In unseren Studien konnten wir zeigen, dass Rivalität den Zusammenhalt und die Identität einer Fangruppe stärkt“, so Uhrich. „Davon profitieren Vereine wie Dortmund, Schalke und Köln. Für Fans von Wolfsburg oder Leverkusen ist das hingegen ein Problem. Sie werden von ihren Nachbarn als Rivale nicht ernst genommen. Generell ist es nie schön, wenn man ignoriert wird.“

Der Umgang mit Rivalität in der Kommunikation stellt viele Vereine vor Probleme. „In den letzten Jahren haben die Vereine oft ihre Strategie gewechselt“, so Makus. „Von Friedensgipfeln bis zur kompletten Nicht-Erwähnung der Rivalität war fast alles dabei“. Warum es kontraproduktiv ist, wenn Klubverantwortliche Rivalitäten herunterspielen, zeigte das Forscherteam anhand von experimentellen Studien. Ferner wurden die Auswirkungen der Globalisierung auf lokale Rivalitäten diskutiert und das besondere Verhältnis unter Erzrivalen thematisiert. Während Wissenschaftler Rivalen oft eine Art Hassliebe unterstellen, wollte Lehmann so weit nicht gehen: „Ich habe Kahn nie gehasst. Aber ich habe ihn auch nicht geliebt.“

Selbst die Presse war dort und berichtet:

https://www.sport1.de/fussball/2020/01/jens-lehmann-spricht-ueber-rivalitaet-zu-oliver-kahn?fbclid=IwAR18pyK1YgR90zZgGRjZpFaWmtWVzkC–Rz97HRSF_oqbNdVO4CrmvPx_gs

https://www.spox.com/de/sport/fussball/dfb-team/2001/Artikel/nach-hass-in-muenchen-jens-lehmann-dachte-vor-wm-2006-ueber-ruecktritt-nach.html?fbclid=IwAR3K4D4eDsNnHDkpoO9seGYXAWIDR6D4IDZ2WrWP2ym3bt-fMx8PlkTVBp8

Kai Viebahn rundete die Veranstaltung mit einem Update von der Spoho ab. Er informierte die Alumni über Bauvorhaben, emeritiere und pensionierte Professoren und Dozenten sowie spannende Forschungsprojekte der letzten Jahre.