ESport: Potenzial zur größten Unterhaltungsindustrie der Welt

Gleich zwei Premieren gab es beim 9. Sportbusiness-Talk des ASS – Alumni Sportmedien/Sportmanagement am Donnerstag, den 17. Mai 2018:

Zum ersten Mal ging es um ein Thema, bei dem Funktionäre und Gesellschaft kontrovers diskutieren, ob es sich hierbei überhaupt um richtigen Sport handelt – und zum ersten Mal übernahmen zwei Studierende die Moderation des Abends. Thomas Fuchs und Leon Sobottka meisterten diese Aufgabe souverän und professionell und so entstand ein spannendes Gespräch mit den beiden Gästen: Unter dem Motto „eSports in Deutschland 2020 – Schlaraffenland oder Steinwüste?“ diskutierten Jan Pommer (Director Team and Federation Relations, Electronic Sports League) und Michael Heina (Head of eSports Europe, Nielsen Sports) über die Vermarktungsmöglichkeiten und Herausforderungen der Entwicklung von eSports in Deutschland.

Jan Pommer, der mit der ESL Turniere in über 50 Spielen organisiert, beschreibt eSports als den „Sport der jungen Generation“. Die Entwicklungen der letzten Jahre an Hardware, Software und Netzgeschwindigkeit verbunden mit niedrigen Kosten für die Spieler hätten für einen rasanten und internationalen Marktwachstum gesorgt. Statt LAN-Partys im Keller sind eSport-Turniere mittlerweile globale Events, die von Tausenden Fans live vor Ort und Millionen an den Bildschirmen verfolgt werden. Auch Sportmarktforschungs-Experte Michael Heina sieht in der Eventisierung den Schlüssel für den Boom der Branche. Spektakuläre Wettkämpfe auf großen Bühnen zögen mittlerweile mehr Fans an als viele Musikkonzerte. Da sei es nur konsequent, dass mittlerweile große Konzerne hier als Sponsor auftreten würden. Fernsehsender steigen genau wie die Digital-Giganten Twitter und Facebook in die Übertragungen ein – eSports ist auf dem Weg in den Mainstream.

Doch ist eSport nun „richtiger“ Sport? Bei den Asian Games sind eSports ab 2022 fest im Programm, auch der IOC beschäftigt sich aktuell auf einem Summit mit der Branche. Ob die Eingliederung in einen bestehenden Verband der richtige Weg sei, kann Jan Pommer nicht beantworten: Wen man Mitglied in einem Klub werde, müsse man sich auch an dessen Spielregeln halten – vielleicht sei die Frage auch eher, wer langfristig wen mehr benötigen würde. Den Gamern selber sei diese Frage ohnehin weitestgehend egal – sie sind gewohnt, dass es für sie schon jetzt bestimmte Regeln wie beim klassischen Sport gibt, etwa umfassende Dopingtests.

Auch Michael Heina verweist darauf, dass die „Sport oder nicht“-Debatte in dieser Intensität nur in Deutschland geführt würde – vielleicht auch geprägt durch die Diskussion um gewalttätige Spiele. Dabei seien diese oft nur „interaktives Schach“ und böten viel mehr als „sinnloses Rumballern“. Und es sei vielleicht auch nicht nötig, dass z.B. jeder das kontroverse „Counterstrike“ gut fände – Eishockey möge schließlich auch nicht jeder.

Ungeachtet einer Anerkennung als „echter“ Sport sind sich die beiden Gäste sicher: eSport hat das Potenzial zur größten Unterhaltungsindustrie der Welt. Kein Wunder, dass diese Aussichten bei den zahlreichen interessierten Zuhörern in der anschließenden offenen Fragerunde auf großes Interesse stießen. Nicht zuletzt könnten sich für Sportmanager oder -psychologen hierbei ganz neue Job-Perspektiven bieten. Beim anschließenden Kölsch im Foyer der DSHS wurden die Diskussionen um den eSport lebhaft und informell weitergeführt – ein Thema, das offenbar bewegt! Der nächste ASS Sportbusiness-Talk wird im Wintersemester 2018/19 stattfinden.